“Ausrottungskrieg”
Am 4. Juli 1838 hatten die Mormonen in Far West eine Feierlichkeit. In Joseph Smiths History finden wir folgendes: „4. Juli – Der Tag wurde mit der Feier zur Unabhängigkeitserklärung verbracht… auch gaben die Heiligen eine ‚Erklärung der Unabhängigkeit’ von allem Pöbel und jeder Verfolgung ab, die ihnen zugefügt worden ist…
Die Rede wurde von Präsident Rigdon gehalten, zu deren Ende es einen Hosianna-Ruf gab…“ (History of the Church, Bd. 3, S. 41-42)
B. H. Roberts machte folgende Bemerkung in Bezug auf Rigdons Ansprache: „Diese Rede von Sidney Rigdon ist immer ernsthaft kritisiert worden, da sie Passagen enthielt, die schlecht beraten waren und sehr bitter; insbesondere jene Passagen, die mit einem Ausrottungskrieg am Pöbel drohten, sollte er sich noch einmal erheben, um die Heiligen zu plagen.“ (History of the Church, Bd. 3, Seite 42, Fußnote)
Ein Auszug aus Rigdons Rede ist in der Comprehensive History of the Church veröffentlicht. Das Folgende ist diesem Bericht entnommen:
„Aber von diesem Tag und dieser Stunde an, werden wir es nicht mehr hinnehmen. Wir nehmen Gott und all die heiligen Engel heute als Zeugen, dass wir alle Menschen im Namen Jesu Christi warnen, für alle Zeiten nicht mehr gegen uns hervorzukommen; denn von dieser Stunde an werden wir es nicht mehr hinnehmen; es soll nicht mehr ungestraft auf unseren Rechten herumgetrampelt werden; der Mann oder der Haufen von Männern, der es versucht, tut es auf Kosten SEINES LEBENS. Und der Pöbel, der über uns kommt, um uns zu stören – zwischen ihnen und uns soll EIN KRIEG DER AUSROTTUNG herrschen; denn wir werden ihnen folgen, bis der LETZTE TROPFEN ihres Blutes vergossen ist, oder sie müssen uns ausrotten, denn wir werden den Sitz des Krieges in ihre eigenen Häuser und ihre eigenen Familien tragen, und entweder die eine oder die andere Partei wird gänzlich vernichtet werden… Niemand soll die Freiheit haben, in unsere Straßen zu kommen, um uns mit Pöbelhaufen zu bedrohen, denn wenn er es tut, soll er dafür SÜHNEN, bevor er den Ort verlässt; auch soll er nicht die Freiheit haben, irgendeinen von uns zu verunglimpfen oder zu verleumden, denn WIR WERDEN es an diesem Ort NICHT zulassen… Auch werden wir mit keinem Mann oder keiner Gruppe von Männern nachsichtig sein, wenn sie schikanöse Prozesse gegen uns führen, um uns unserer Rechte zu betrügen; sollten sie es versuchen, dann WEHE IHNEN. Wir verkünden uns heute also als frei mit der Absicht und Entschlossenheit, die niemals gebrochen werden kann. Nein, nie! Nein, nie! Nein, nie!“ (Comprehensive History of the Church, Bd. 1, S. 441)
Der Mormonengeschichtsschreiber B. H. Roberts gab zu, dass Joseph Smith die „Erklärung“ billigte: „Die Unweisheit der Äußerung ist ziemlich allgemein von unseren Schreibern erkannt worden und sie haben die Verantwortung auf die ziemlich glühende Phantasie Sidney Rigdons geschoben, der die Rede hielt und der vermutlich im Allgemeinen hauptsächlich und ganz für sie verantwortlich sei. Dies ist NICHT wahr. Die Rede wurde sorgfältig vorbereitet, tatsächlich vorher geschrieben. Sie erschien sofort im The Far West, eine Wochenzeitung, die in Liberty, Clay-Grafschaft, veröffentlicht wurde; und sie wurde ebenfalls in Broschürenform von Ebenezer Robinson aus der Presse des Elder’s Journal veröffentlicht. JOSEPH SMITH SPRICHT in seinem Journal BILLIGEND ÜBER SIE; und im Elder’s Journal, dessen Herausgeber er war, und in der Redakteurenspalte wird sie unter seinem Namen billigend den Heiligen empfohlen. Angesichts dieser Tatsachen, wenn die ‚Erklärung’ von zweifelhafter Richtigkeit und unweise und unklug wäre, ruht die Verantwortung dafür nicht allein auf Sidney Rigdon, sondern AUF DEN AUTORITÄTEN DER KIRCHE, die sie billigten, und auf den Leuten, die sie unter lautem Beifall akzeptierten.“ (Comprehensive History of the Church, Bd. 1, S. 443)
Als Sidney Rigdon später in den Zustand des Abfalls verfiel, versuchten die anderen Mormonenführer, ihm die Schuld für all ihre Probleme in Missouri zu geben. Sie behaupteten, dass seine Erklärung die Ursache für die Probleme wären, die sie mit den Heiden hatten; sie handelten sogar so, als hätte Joseph Smith mit der Ansprache nichts zu tun. Der Mormonenapostel Orson Hyde erklärte:
„Nun kenne ich keinen Mann in dieser Kirche, der tiefer in die Sache eingestiegen ist, als er [Sidney Rigdon] in Far West bei seiner feierlichen Rede am 4. Juli. Er war die Ursache für die Probleme in Missouri, und obwohl Bruder Joseph versuchte, ihn zurück zu halten, schlug er seinen eigenen Kurs ein…“ (Millenial Star, Bd. 5, S. 104)
Brigham Young ging so weit, dass er sagte: „Ältester Rigdon war die hauptsächliche Ursache unserer Probleme in Missouri durch seine feierliche Rede am vierten Juli.“ (Times and Seasons, Aussage Brigham Youngs beim Kirchengericht über Sidney Rigdon, 1. Okt. 1844, Bd. 5, S. 667)
Kurz nachdem Sidney Rigdon seine Rede gegeben hatte, brach zwischen den Mormonen und den Einwohnern Missouris der Krieg aus, und die Mormonen wurden schließlich aus dem Staat vertrieben. Wie in allen Kriegen wurden unschuldige Menschen getötet und Scheußlichkeiten von beiden Seiten begangen (siehe The Mormon Kingdom, Bd. 1, S. 66-78).
Obwohl wir nicht versuchen dürfen, die Taten der Nichtjuden in Missouri (besonders in Bezug auf das Massaker bei Hawns Mill, wo unschuldige Mormonen getötet wurden) zu rechtfertigen, können wir die Erklärung, die von vielen mormonischen Historikern abgegeben wird, nicht akzeptieren. Sie behaupten, dass die Nichtmormonen vollkommen schuld wären und dass die Mormonen wegen ihrer Religion verfolgt wurden.
Man sollte sich erinnern, dass Sidney Rigdon sagte, wenn ein Krieg ausbrechen würde, dann wäre es ein Krieg der „Ausrottung“. Als Gouverneur Boggs seinen „schändlichen“ Ausrottungsbefehl gab, erklärte er, dass die Mormonen „ausgerottet oder aus dem Staat vertrieben werden müssen, falls es für das öffentliche Wohl nötig ist“.
Der Mormonenschreiber Harold Schindler erklärte: „Es wäre mehr als ein Zufall, dass Boggs dieses bestimmte Wort in seinen Anweisungen an General Clark wählte.“ (Orrin Porter Rockwell; Man of God, Son of Thunder, S. 58)
Während wir meinen, dass es von Gouverneur Boggs falsch war, die Mormonen aus Missouri (die Unschuldigen mit den Schuldigen zusammen) zu vertreiben, sollten sich die Mormonen daran erinnern, dass sie die Andersdenkenden aus der Caldwell-Grafschaft vertrieben.
Der Mormonenschreiber Leland Gentry erklärte: „Eine der wichtigen Fragen, die sich aus einer Studie des Mormonenkrieges ergeben, ist, welche Truppen von welcher Seite legal waren oder nicht. Wie schon in früheren Teilen dieser Arbeit gezeigt, waren Männer, die zu einer Zeit nicht autorisiert waren, zu anderen Zeiten die legitime Miliz. Diese Tatsache machte die Probleme eher komplizierter als einfacher. Vielmehr scheinen beide Seiten in illegalen wie auch legalen Operationen engagiert gewesen zu sein. Die Mormonen hatten ihren geheimen Orden der Daniten und diese Organisation war offiziell nicht zum Handeln bemächtigt. Die Nichtmormonen rotteten sich in etlichen inoffiziellen Trupps zusammen, um ihre Taten der schweren Körperverletzung zu begehen.“ (A History of the Latter-day Saints in Northern Missouri From 1836 to 1839, Seite 501)
Der Mormonenschreiber Klaus J. Hansen meint, dass einer der Hauptgründe, warum die Mormonen verfolgt wurden, in ihrer Idee von „einem vorübergehenden Königreich Gottes“ bestand:
„Dennoch darf die Last der Verantwortung nicht nach Art der Verteidiger des Mormonismus gänzlich auf die Heiden abgeladen werden. Die Apologeten haben die Mormonenwerte und –praktiken des zwanzigsten Jahrhunderts in das neunzehnte Jahrhundert projiziert. Sie können verständlicherweise keinen Grund erkennen, warum irgendjemand sie verfolgen wollen sollte. Auch können sie diese Möglichkeit ihren Vorfahren gegenüber nicht eingestehen. Folglich ist in den Augen der Apologeten die Beisetzung des Konflikts der hauptsächliche Beweis für eine gereifte amerikanische Gesellschaft, die bereit ist, die religiösen Besonderheiten des Mormonismus zu akzeptieren. Was die Apologeten nicht zugeben wollen, ist, dass der Mormonismus selbst, sich fundamentalen Änderungen unterzog, um eine Akzeptanz bei der Gesellschaft im Ganzen möglich zu machen…
So lange die Heiligen aber ihre gesamten Bemühungen auf die Verwirklichung eines vorübergehenden Königreiches Gottes auf Erden richteten, war der Konflikt mit ihrer Umgebung unvermeidlich. Ein Feind der Heiligen stellte die spitze Frage, ob die Mormonen gänzlich die Opfer des kranken Willens ihrer Nachbarn waren: ‚Warum kamen sie mit den Leuten an all ihren sieben Orten der Ansiedlung in gewaltsamen Konflikt? Denn sie haben es mit jeder Art von Menschen von New York über Ohio, Illinois, und Missouri bis Salt Lake versucht. Sind all diese Menschen an all diesen Orten unheilbar bösartige Pöbler und Verletzer des religiösen Rechts?“ (Quest of Empire, 1967, Seite 149-150)
weiter