Von den Heiden stehlen
In seinem Buch A History of the Latter-day Saints in Northern Missouri from 1836 to 1839 behauptet Leland Gentry, dass Joseph Smith nicht vollständig davon wusste, was Dr. Avard tat. Auf Seite 322 erklärt er: „Nach und nach übernahm aber die Bewegung unter der Führung von Dr. Avard einen dritten Zweck, der dem Geist des Mormonismus vollkommen fremd war: das Stehlen von den Heiden… Während der sehr prüfungsvollen Periode, die man als den ‚Mormonenkrieg’ kennt, raubten einige der Daniten die Heime ihrer Feinde aus und weihten dann das Eigentum, das auf diese Weise als ‚Kriegsbeute’ genommen wurde. ‚Es wurde ständig unter den Truppen bemerkt’, sagte John Clemenson, ‚dass die Zeit gekommen wäre, wann die Reichtümer der Heiden den Heiligen geweiht werden sollten.’“
Während das Argument, dass das Stehlen „dem Geist des Mormonismus fremd“ sei, für die Mormonen heute ziemlich überzeugend klingen mag, setzt es diejenigen nicht sehr in Erstaunen, die sich gut mit der frühen Mormonengeschichte auskennen. Mary Ettie V. Smith zum Beispiel erklärte, dass der Mormonenapostel Orson Hyde
Güter erhielt, die den Heiden weggenommen wurden, während sich die Mormonen auf dem Weg nach Utah befanden:
„Die Pferde und andere gekaufte oder gestohlene Beute wurden sofort nach Kanesville gebracht und dort erhielt sie Orson Hyde, der sie, nachdem er sie sortiert hatte, in die Prärie brachte, oder er verbrachte sie dorthin, wo sie außerhalb der Reichweite der Heiden waren, falls der Verdacht auf sie fallen würde. Orson Hyde ist einer der ‚Zwölf Apostel’ und ist oft in den Staaten. Dort leben jetzt viele Menschen, durch die solche Fakten bewiesen werden können.“ (Mormonism: Its Rise, Progress, And Present Condition, die Erzählung von Mrs. Mary Ettie V. Smith, die ihren Wohnaufenthalt von fünfzehn Jahren bei den Mormonen umfasst, Hartford, 1870, Seite 107)
Mrs. Smith klagte auch an, dass Bill Hickman
in dieses Stehlen von den Heiden verwickelt war: „Irgendwann abends kam William Hickman, einer der ‚Daniten’, an die Tür der Hütte… Er hatte nicht gehört, dass unser Kind tot war. Hickman sagte: ‚Dies wird es für uns schlimm machen; aber was für eine herrliche Nacht für unsere Expedition und die Dinge liegen so, dass wir sie nicht aufschieben können.’
Wallace zeigte auf unser totes Baby unter dem Fenster und gab keine Antwort.
‚Ja’, sagte Hickman, ‚ich sehe, dass es ernst ist. Aber wir müssen gehen…’
Hickman, obwohl er irgendwie in einer unangenehmen Lage war, sagte, dass sie die Tür, so gut sie könnten, verschließen würden, aber Wallace muss gehen und es wäre an der Zeit, dass sie schon da sein sollten, und ihn beim Arm nehmend eilte er mit ihm fort und sie ließen mich mit meinem toten Kind allein.“ (Ebenda, Seite 70-71)
Auf den Seiten 76-77 desselben Buches erklärte Mrs. Smith: „Ich fragte Wallace einige Tage später, wohin er in jener Nacht ging, als er mich bei den Wölfen zurück ließ und mit William Hickman wegging…Wallace sagte: ‚Der Präsident des ‚Pfahles’, David Fulman [Fullmer?], hatte die Information erhalten, dass eine Heidenfamilie namens Martin dabei wäre, Garden Grove zu passieren… und dass sie eine Menge Rinder und Pferde hätten…
‚Die Daniten sollten… ihn und Martins Vieh abfangen… was wir entsprechend taten – Hickman und ich mit einigen anderen…’ In Beantwortung einer weiteren Frage, sagte er: ‚Wenn die Aussiedler, wenn sie ihr Vieh verlieren, weiterziehen und nicht gegen ihr Schicksal anrennen, indem sie uns zu viele Probleme machen und danach trachten oder versuchen, es zurück zu bekommen, wird ihnen kein Leid zugefügt werden; anderen Falls werden sie aus dem Weg geräumt werden.’“
Während die Anschuldigungen für einen Mormonen heute unglaublich zu sein scheinen, bewegen sie sich sehr wohl im Rahmen des Möglichen. Dass die frühen Mormonen das Bestehlen der Heiden billigten, wird im Tagebuch John Bennions sehr deutlich. 1860 hatte Bennion das Gefühl, das William Hickman – dies ist derselbe Mann, von dem Mrs. Smith sprach – für diese Übeltaten bestraft werden sollte, aber er lernte bald, dass Bischof Gardiner „gebunden war & nicht“ gegen Hickman „handeln könnte“ und dass Orson Hyde – Präsident der Zwölf Apostel und der Mann, den Mrs. Smith beschuldigt, gestohlenes Eigentum empfangen zu haben – lehrte, dass ein Mann NICHT dafür bestraft werden sollte, dass er von den „Heiden“ gestohlen hatte. Folgendes ist Bennions Tagebuch entnommen:
„Samst. 13. ging in die Stadt, traf Bisch. Gardiner, hatte ein Gespräch mit ihm über W. A. HICKMANS ÜBLEN KURS vor einiger Zeit, er sagte, er wäre jetzt GEBUNDEN GEWESEN & KÖNNTE NICHT HANDELN. Ich sagte ihm, dass ich nicht gebunden wäre und keine Angst hätte, die Bosheit irgendeines Mannes ans Licht zu bringen. Wir kamen gegen Sonnenuntergang am Abend nach Hause. Ich traf mich mit Bisch. & Ratgebern & Parteien, die ein Interesse daran hatten, George Hickman wegen Stehlens von Maultieren vor Gericht zu stellen, als ungefähr zu Beginn der Verhandlung ÄLTESTER HYDE hereinkam und auf dringendes Bitten von Bisch. Gardiner hin predigte, und die Verhandlung wurde VERSCHOBEN; nach der Versammlung hatten der Bisch.-Rat & ÄLTESTER HYDE ein langes Gespräch in meinem Haus; Brd. Hyde sagte, VOM STEHLEN SPRECHEND, dass ein Mann, STEHLEN & VOM GEIST DES HERRN DAZU BEEINFLUSST sein kann, dass HICKMAN ES IN DEN VERGANGENEN JAHREN GETAN HÄTTE; sagte, dass er NIEMALS EINE VERHANDLUNG GEGEN EINEN BRUDER WEGEN STEHLENS VON DEN HEIDEN ANORDNEN WÜRDE, aber mit dem Bestehlen der Brüder wäre er streng; er verwendete eine Menge Belehrungen auf dieses Thema.
S. 14. ging zur Versammlung bei der Mühle, um Brd. HYDE zu hören… er gab viele gute Anweisungen, sprach über das Vorhaben am letzten Abend, über Hickman Gericht zu halten, gab es als DAS WORT DES HERRN, IHN für das Vergangene FREI ZU LASSEN, bat ihn, hinzugehen und nicht mehr zu sündigen.“ („John Bennion Journal“, 13. und 14. Okt. 1860, Originaltagebuch an der Utah State Historical Society)
Da dieser Beweis aus John Bennions Tagebuch stammt und nicht aus einer antimormonischen Quelle, kann man ihn nicht leichtfertig abtun.
Auf Seite 339 seines Buches A History of the Latter-day Saints in Northern Missouri From 1836 to 1839 sagt Leland Gentry: “Daniten waren offensichtlich belehrt, den Anordnungen ihrer Vorgesetzten OHNE ZU FRAGEN oder zu zögern zu gehorchen.” Während solch eine Lehre heute extrem zu sein scheint, wurde sie in der frühen Periode der Mormonengeschichte öffentlich gelehrt. Heber C. Kimball, Erster Ratgeber Brigham Youngs, sagte einmal: „Wenn euch von den Führern gesagt wird, etwas zu tun, tut es; ES IST NICHT EURE SACHE, OB ES RICHTIG ODER FALSCH IST.“ (Journal of Discourses, Bd. 6, S. 32) Bei einer anderen Gelegenheit sagte er, wenn jemand Dinge tut „gemäß dem Rat und SIE SIND FALSCH, WERDEN DIE KONSEQUENZEN AUF DIE HÄUPTER DERER FALLEN, DIE EUCH BERIETEN; ALSO MACHT EUCH KEINE SORGEN.“ (William Clayton’s Journal, Seite 334)
Da das Mormonenvolk diese Art von Belehrung von ihren Führern erhielt, ist es keine Überraschung, dass sie es zuließen, sich durch Gelöbnisse zu verpflichten, die Geheimnisse der Daniten-Gesellschaft nicht zu offenbaren. Leland Gentry machte folgende Aussage:
„Die Organisation wurde durch geheime Gelöbnisse, Zeichen und Strafen für das Verletzen der Daniten-Bündnisse charakterisiert; es wurden Versprechen ausgetauscht, einen Daniten-Kameraden zu beschützen oder ihm zu helfen, ungeachtet der Kosten oder Umstände, und solch eine Aktion sollte ohne zu fragen und zu zögern ausgeführt werden. Diejenigen, die sich dem Orden anschlossen, verstrickten sich so sehr darin, dass sie sich, ohne ihr Leben zu gefährden, nicht daraus zurückziehen konnten.“ (A History of the Latter-day Saints in Northern Missouri From 1836 to 1839, S. 730)
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